Studium

Sonntag, 6. April 2008

Kittelpflicht

Wie in einem Fischschwarm wurde ich in einem Strom voller weißgekittelter Debütanten durch die Saaltür gespült. In einer Hand den Kasten mit den Werkzeugen, in der anderen meinen Atlas, meinen Wegweiser, der einzige Anhaltspunkt, der mich durch die bevorstehende topographische Ungewissheit führen sollte. Ich wusste nicht, was ich zu erwarten hatte. Eine angenehme Kühle schlug mir entgegen, dann der beißende Geruch des Formaldehyds. Ein etwa 120qm großer, rechteckiger Saal lag vor mir. Trotz der zahlreichen milchglasigen Fenster wurde der Raum in eine kalte Neon-Licht Atmosphäre getaucht, von der durch die Kachelung der Wände und dem verchromten Stahl eine absolute Nüchternheit ausging. Das laute Rauschen der Abzugsanlage und das Tuscheln von hundert aufgeregten Studenten lag in der Luft. Wie würde es sein? In der Mitte des Raumes stand eine, an keine Wand angrenzende, etwa sechs Meter lange, brusthohe Mauer, die an beiden Seiten mit großen Waschbecken aus Stahl gesäumt war. In den dadurch abgetrennten Teilräumen des Saals standen jeweils zehn in Paaren stehenden Stahltische. Weiße Tücher überspannten das für jeden ersichtliche. Als die Tücher dann zurückgeschlagen wurden, war der Anblick angenehmer, als die menschlichen Konturen unter dem Tuch vorher und dem damit verbundenen Vorstellungsfreiraum. Vor uns lagen zwanzig Leichen. Die Hälfte auf dem Rücken, die andere Hälfte auf dem Bauch liegend.

Vor zwei Monaten wurden die Körperspender beerdigt und für uns ist damit eine lehrreiche und sehr interessante Zeit abgeschlossen. Nicht nur im Bezug auf das anatomische Wissen, sondern auch auf den Umgang mit den Toten und den eigenen Ängsten. Morgen bricht das nächste Semester an.

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also dem kann ich zeitweise...
also dem kann ich zeitweise auch zu 100% zustimmen....
kopfkaos - 2. Okt, 13:16
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monsieur finn - 6. Apr, 15:50
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